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Aktuelle Berechnung des IfW: Bund spart durch Niedrigzinsen 160 Mrd. Euro ein

Nach aktuellen Berechnungen von Dr. Jens Boysen-Hogrefe, stv. Leiter des Prognosezentrums am Institut für Weltwirtschaft (IfW), spart der Bund durch das aktuelle Niedrigzinsumfeld Milliarden an Kreditzinsen. Als Vergleichswert nimmt der Finanzwissenschaftler das durchschnittliche Zinsniveau der Jahre 1999 – 2008 für Bundesanleihen unterschiedlicher Laufzeit, welches zwischen gut 3% und knapp 4,5% lag. „Vergleicht man die Zinslast der Neuemissionen, die in den Jahren 2009 bis 2014 getätigt wurden, mit der hypothetischen Zinslast, die bei besagten historischen Mittelwerten fällig gewesen wäre, liegen die kumulierten Einsparungen bis ins Jahr 2030 bei insgesamt 160 Mrd. Euro“, so Boysen-Hogrefe. Danach fielen nur noch Anleihen mit 30jähriger Laufzeit ins Gewicht, deren Anteil sei aber so gering, dass der Einsparungseffekt quasi auslaufe. 2015 werde die größte Wirkung in einem Einzeljahr mit Minderausgaben von knapp 20 Mrd. Euro erzielt – zum Vergleich, der Solidaritätszuschlag dürfte nach Schätzung des Experten im selben Jahr etwa 15 Mrd. Euro einbringen. Kumuliert lägen die Einsparungen von 2009 bis 2015 bei knapp 80 Mrd. Euro.

Mehr Schuldtitel mit langer Laufzeit

„Die Finanzagentur des Bundes ist in jüngster Zeit offenbar bemüht, die Laufzeiten der öffentlichen Schuldtitel zu erhöhen und somit einen Teil des Niedrigzinsumfelds zu konservieren“, sagt Boysen-Hogrefe. Der Anteil der 30 jährigen Anleihen steige, zugleich sänken die Anteile der 2-jährigen Bundesschatzanweisungen und der Schatzanweisungen mit Laufzeiten von bis zu 12 Monaten. Mit dem Andauern der Schuldenkrise sanken auch die Renditen für Schuldtitel mit höheren Restlaufzeiten, die gesunkenen Inflationserwartungen und die „Quantitative Lockerung“ der EZB trieben zu Beginn dieses Jahres die Renditen lang laufender Anleihen gegen null, während die Renditen von Anleihen kurzer Laufzeit seit etwa 2012 nahezu unverändert im negativen Bereich sind.

Spürbare Haushaltsrisiken in der Zukunft

Finanzwissenschaftler Boysen-Hogrefe rechnet mit einem Anstieg des Zinsniveaus ab etwa 2017 und einem Erreichen der historischen Werte aus der Berechnung in den 2020er Jahren. „Dabei ist es wahrscheinlich, dass gerade dann die Zinslast deutlich steigen wird, wenn zeitgleich die Demografie die öffentlichen Haushalte stark belasten dürfte“, so Boysen-Hogrefe. Die aktuell sehr gute Lage der öffentlichen Haushalte dürfe daher nicht darüber hinweg täuschen, dass mittel- bis langfristig spürbare Haushaltsrisiken bestünden. „Damit der Bund zukünftig zur Einhaltung der Schuldenbremse nicht politisch schwer durchsetzbare Sparprogramme auflegen muss, bedarf es daher bereits jetzt einer Ausgabengestaltung, die die demografischen Kosten und die steigende Zinslast im Blick hat“, so Boysen-Hogrefe.