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Analyse des IfW zum jüngsten Aufkaufprogramm der EZB: Erhebliche Bilanzrisiken

In der Studie heißt es: Über ihr im März gestartetes „Public Sector Purchase Programme“ (PSPP), was den Kauf von Anleihen und Wertpapieren in Höhe von über 1 Billion Euro bis September 2016 vorsieht, nimmt die EZB erhebliche Risiken in ihre Bilanz. Mit dem Geld werden vor allem Staatsanleihen gekauft. Für diese besteht zum einen ein Ausfallrisiko, zum anderen besteht das Risiko, dass die EZB selbst die Zinsen erhöhen muss, während sie noch hohe Bestände an Niedrigzinsanleihen in ihrem Bestand hat, die damit stark an Wert verlieren würden. Gerade dieses Risiko ist vergleichsweise hoch, weil die EZB ihren Ankauf von Vermögenswerten zu einem Zeitpunkt startete, als die Zinsen für Staatsanleihen schon außerordentlich niedrig waren. Zugleich hat sie dadurch auch nur recht geringe Zinserträge zu erwarten. Zum Vergleich: Die amerikanische Notenbank FED kaufte Staatsanleihen zu wesentlich höheren Zinsen, was ihr höhere Einnahmen bescherte und das Zinsrisiko minderte.

Alles in allem zeigen Schätzungen jedoch, dass das Eurosystem offenbar selbst im schlimmsten Fall von Staatsinsolvenzen genug Reserven hätte, um die Ausfälle zu verkraften. Von dieser Seite her sind die Risiken gering, dass durch das Programm in seiner bisherigen Ausgestaltung eine Rekapitalisierung des Eurosystems notwendig wird oder sich der Anteil des Programms, der der Risikoteilung unterliegt erhöht. Gleichwohl kann das Aufkaufprogramm erhebliche Folgen für die EZB mit sich bringen. So verschwimmt die Trennung zwischen Geldpolitik und Finanzpolitik weiter, wodurch letztlich auch die Unabhängigkeit der EZB zunehmend bedroht wird. Zudem erhöht sich das Risiko, dass die EZB ihre zukünftige Geldpolitik zum Teil danach ausrichtet, etwaige Verluste aus ihren Aufkäufen zu vermeiden.

Die Forscher haben auch untersucht, ob die Anleihemärkte im Euroraum hinreichend groß sind, um das Aufkaufprogramm vollumfänglich durchzuführen. Aller Voraussicht nach wird das Programm bis September 2016 nicht in seinem vollen Umfang durchgeführt werden können, da für einige Länder zu wenige geeignete Anleihen verfügbar sind. Davon sind jedoch in erster Linie kleinere Länder betroffen, so dass der Großteil des Programms wohl durchgeführt werden kann. Sollten es die Umstände aus Sicht der EZB nötig machen, das Programm über den September 2016 hinaus fortzuführen, dürften die Beschränkungen von Seiten der Anleihemärkte allmählich zunehmen, da dann auch die geeigneten Anleihen an größeren Märkten (wie z.B. Deutschland) zusehends knapper werden dürften. In diesem Fall müsste die EZB wohl die Kriterien für die zum Kauf geeigneten Anleihen aufweichen und sich insbesondere von der 25-Prozent-Regel, die vorsieht, nicht mehr als 25 Prozent einer Anleihe zu halten, verabschieden. Diese Regel hatte die EZB unter anderem dazu eingeführt, um Fragen danach zu umgehen, ob ihr Aufkaufprogramm eine unerlaubte Staatsfinanzierung darstellt.