Statement
EZB-Zinsentscheidung: Konjunktur im Euroraum bräuchte stärkeren Impuls

"Die erwartete Entscheidung der EZB, den Leitzins (Einlagenzins) heute um weitere 25 Basispunkte auf einen Wert von 2,5 Prozent zu senken, kann als weiterer Schritt zur Normalisierung der Geldpolitik verstanden werden, nachdem die EZB die Zinsen stark angehoben hatte, um die hohen Inflationsraten im Euroraum zu bekämpfen. Um der schwächelnden Wirtschaft im Euroraum auf die Sprünge zu helfen, müsste die EZB aber mehr tun.
Tatsächlich hat sich die Inflationsrate in der Eurozone seit Mitte letzten Jahres nahe dem Zielwert von 2 Prozent stabilisiert, ist jedoch in den vergangenen Monaten wieder leicht gestiegen und lag im Januar 2025 bei 2,5 Prozent im Durchschnitt. Unklar ist, inwiefern die angedrohten Zölle auf EU-Produkte der Trump-Regierung die Preise in der Eurozone und damit die Inflation wieder ansteigen lassen werden.
Klar ist jedoch, dass sich die Wirtschaftsaussichten in der Eurozone weiter verschlechtert haben. Kaufkraftbereinigt hat die Wirtschaft in der Eurozone im vergangenen Jahr stagniert und ist in ihrer größten Volkswirtschaft Deutschland leicht geschrumpft. Die EZB hat ihre Wachstumsprognose für 2025 bereits im Dezember nach unten korrigiert. Es ist davon auszugehen, dass sie angesichts der jüngst stark zugenommenen geo- und handelspolitischen Risiken ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im März erneut nach unten korrigieren muss. Angesichts der desolaten Wirtschaftslage sollte die Geldpolitik der EZB in den expansiven Modus umschalten und weitere, womöglich größere, Zinssenkungen in Betracht ziehen.
Dabei bleibt allerdings ein Unsicherheitsfaktor: die Inflationsrate. Nach dem Inflationsschock der letzten Jahre und angesichts weiterhin erhöhter Inflationserwartungen in der Eurozone muss die EZB einen besonders starken Fokus auf die Preisstabilität setzen, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren. Sollte sich also eine Trendwende bei der Inflation nach oben hin andeuten, liegt es an den Regierungen in der Eurozone, die Konjunktur zu beleben."