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Löhne im Euroraum steigen kräftig

Two machinists working on machine

Die Löhne im Euroraum haben im Jahr 2018 deutlich angezogen, nachdem sie in den Jahren zuvor im historischen Vergleich nur sehr schwach gestiegen waren. Zu diesem Ergebnis kommt die EUROFRAME-Gruppe zehn europäischer Wirtschaftsforschungsinstitute, zu der auch das Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) gehört, in ihrer aktuellen Konjunkturprognose.

Angesichts der fortschreitenden konjunkturellen Erholung und deutlich sinkender Arbeitslosigkeit erhöhten sich die Bruttolöhne und -gehälter pro Kopf im vergangenen Jahr mit einer Rate von rund 2,5 Prozent erheblich stärker als in den Jahren 2012 bis 2017, als der Zuwachs lediglich etwa 1,5 Prozent betragen hatte. Für 2019 ist mit einem Zuwachs in ähnlicher Größenordnung zu rechnen.

Aufgrund der anhaltenden Schwäche der Ölpreise dürfte die Inflationsrate wieder etwas zurückgehen und in den nächsten beiden Jahren jeweils nur rund 1,6 Prozent betragen und somit weiterhin unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen. Dadurch steigen auch die Reallöhne merklich, wenn auch nicht ganz so stark wie in den Jahren 2015 und 2016, als sie durch den starken Rückgang des Ölpreises gestützt wurden.

Nachlassende Konjunktur vor allem für südliche Länder kritisch

Die Konjunktur im Euroraum dürfte sich der EUROFRAME-Prognose zufolge weiter moderat abschwächen. Ursachen sind vor allem eine schwächelnde Weltkonjunktur und eine weniger expansive Geldpolitik der Zentralbanken. Für 2019 und 2020 wird mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,6 bzw. 1,5 Prozent gerechnet, nach 1,8 Prozent im Jahr 2018. Die Arbeitslosigkeit dürfte dabei weiter sinken, wenn auch nicht mehr so rasch wie im vergangenen Jahr, und von 8,2 Prozent bis auf 7,8 Prozent (2019) und 7,6 Prozent (2020) zurückgehen.

„Das Nachlassen der Konjunktur im Euroraum ist insbesondere für die Länder eine schlechte Nachricht, in denen die wirtschaftliche Lage fragil ist und Strukturreformen erforderlich sind, um auf einen höheren Wachstumspfad zu kommen, wie etwa Italien und Frankreich“, sagte Klaus-Jürgen Gern, Konjunkturforscher am IfW Kiel und Mitautor des EUROFRAME-Reports. „Sollten die Abwärtsrisiken für den Euroraum Realität werden, wären hier nur begrenzt fiskalische Impulse möglich, und auch die Möglichkeiten der EZB zur Konjunkturanregung sind angesichts der immer noch geltenden Nullzinspolitik gering.“

Beträchtliche Abwärtsrisiken drohen dem Euroraum etwa durch eine stärker als erwartet ausfallende Abkühlung in den USA oder in China und eine mögliche Verschärfung der Handelskonflikte. Nicht zuletzt belastet die ungeklärte Situation um den Austritt Großbritanniens aus der EU die Aussichten. Der Bericht geht in einer Box auf die Risiken ein, die mit einem ungeregelten Brexit verbunden sind (S. 7).

Auch Soft-Brexit wirft Großbritannien wirtschaftlich zurück

Im Falle eines Soft-Brexit, bei dem das Vereinigte Königreich und die EU freien Zugang zum Güter- und Dienstleistungsmarkt des anderen bekommen und der Kapitalverkehr reibungslos funktioniert, kann Großbritannien mit einem BIP-Zuwachs von 1,9 Prozent (2019) bzw. 1,6 Prozent (2020) rechnen. Dies wäre insofern eine Verschlechterung gegenüber den Jahren vor der Brexit-Abstimmung, als dass Großbritannien bis dahin innerhalb der G7-Staaten zu den wachstumsstärksten zählte, während es nun ins Mittelfeld zurückfallen würde. Im Falle eines Hard-Brexit fiele Großbritannien deutlich hinter die Wirtschaftsdynamik der übrigen G7-Staaten zurück, da dann kaum noch mit positiven Zuwachsraten zu rechnen wäre.

Am stärksten legt die Wirtschaftsleistung innerhalb des Euroraumes weiterhin in Osteuropa zu. Polens BIP-Zuwachs betrug 2018 über 5 Prozent. Slowenien, Ungarn und Lettland verzeichneten über 4 Prozent. Aufgrund einer sich abschwächenden Weltkonjunktur und eines Mangels an qualifizierten Arbeitskräften dürften Polens Zuwachsraten aber auf 3,5 Prozent (2019) bzw. 3 Prozent (2020) zurückgehen. Das Land bleibt damit innerhalb des Euroraums aber am dynamischsten.