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Trumps Sieg: Folgen für die Konjunktur

Prof. Stefan Kooths, Leiter des IfW-Prognosezentrums:

„Donald Trump dürfte ein Präsident im Übergang sein. Angesichts der geringen Popularität ist eine zweite Amtszeit kaum zu erwarten. Wenn er nicht vier Jahre des Stillstands riskieren will, wird er sich pragmatisch mit dem Kongress arrangieren müssen, denn dort wird über das Budget entschieden. Ohne diesen Rückhalt kann er wenig ausrichten. Die ersten Signale gehen auch schon in diese Richtung. Wahlkampfgetöse und Realpolitik bleiben zweierlei Dinge, auch wenn seine Wahlkampagne ungewöhnlich schrill ausfiel.

Der Wahlsieg für Trump dürfte kurzfristig für Irritationen sorgen und wohl auch für heftige Reaktionen an den Finanzmärkten, weil der wirtschafts- und finanzpolitische Kurs noch sehr unklar ist. Ob die damit verbundene Unsicherheit zu einem relevanten Investitions-Stillstand führt, hängt entscheidend von den nächsten Schritten ab, insbesondere im Hinblick auf die Auswahl von Führungskräften in der neuen Regierung. Es steht zu erwarten, dass die übrigen Verfassungsorgane und auch die republikanische Partei ihren Einfluss geltend machen werden. Auch die Bürokratie und die Öffentlichkeit bleiben ein relevanter Machtfaktor.

Klar scheint bislang nur seine dezidiert protektionistische Haltung zu sein, die die Aussichten für TTIP weiter schmälert. Dieses Abkommen hat aber auf beiden Seiten des Atlantiks einen schweren Stand und wäre wohl auch bei einem Wahlsieg Clintons kaum ein Selbstläufer geworden. Eine Aufkündigung von NAFTA dürfte auf massive Widerstände in den USA stoßen und deshalb nicht auf die Tagesordnung kommen. Wirtschaftliches Wachstum und Abschottung passen nicht zusammen – Donald Trump hat dennoch beides versprochen. Daher ist möglicherweise noch nicht das letzte Wort gesprochen, ob er tatsächlich als Präsident des Neoprotektionismus in die Geschichte eingehen will. Wenn er die USA wirklich „wieder stark machen will“, muss er auf Offenheit und weltwirtschaftliche Kooperation setzen.

Die neue Regierung in den USA wird sicherlich den Druck erhöhen, um die europäischen NATO-Partner – speziell Deutschland – stärker an den Verteidigungsausgaben des Bündnisses zu beteiligen. Von dieser Seite dürften daher auf mittlere Sicht Belastungen auf den Staatshaushalt hierzulande zukommen.

Die Haushaltsspielräume in den USA sind eng begrenzt, insbesondere dann, wenn sich das Land gleichzeitig vom Rest der Welt abschotten wollte. Zudem bestehen seitens der Geldpolitik gute Gründe, einer konjunkturellen Überhitzung entgegenzuwirken. Sowohl massive staatliche Investitionsprogramme als auch eine „revolutionäre“ Steuersenkung, wie sie von Donald Trump im Wahlkampf versprochen wurden, sind daher wenig realistisch – schon gar nicht dürfte es beides gleichzeitig geben.

Alles in allem: Der Sieg Trumps ist zwar eine Überraschung, seine Handlungsspielräume sind aber sehr begrenzt. Das ökonomische Delta durch die Wahlentscheidung ist daher voraussichtlich wesentlich kleiner, als es der politische Erdrutsch vermuten lässt. Auch Donald Trump sieht sich bald den Mühen der realpolitischen Ebene gegenüber. Die Ergebnisse dürften weitaus weniger spektakulär sein als die Wahlversprechungen. Von daher stehen die wohl eher moderaten konjunkturellen Effekte nicht im Einklang mit der Aufmerksamkeit, die der teilweise sehr skurril geführte Wahlkampf auf sich gezogen hat.

Generelle Aussichten für die USA vom Wahlausgang unberührt

Unabhängig vom Wahlausgang wird die Fed nur sehr langsam aus der ultra-expansiven Geldpolitik aussteigen. Für eine schnellere Gangart sprächen nur stark expansiv ausgerichtete Fiskalprogramme, die Spielräume dafür sind aber begrenzt (laufendes Defizit: 3 Prozent, Schuldenstand rund 100 Prozent in Relation zum BIP). Käme es dennoch dazu, fiele auch der EZB ein allmählicher QE- und ZIRP-Exit mit Blick auf den Wechselkurs etwas leichter, allerdings wiegen diesbezüglich auch die internen Schwierigkeiten (Unwucht in den Bankbilanzen im Euroraum) weiterhin sehr schwer. In einem solchen Falle könnte daher der Außenwert des Euro gegenüber dem US-Dollar nochmals merklich nachgeben.

Moderatere Potenzialwachstumsraten, verglichen mit der Vorkrisendynamik, gelten aufgrund demografischer Entwicklungen auch für die USA. Allerdings liegt in der derzeit sehr niedrigen Partizipationsrate eine temporäre Wachstumsreserve – derzeit ist aber nicht klar, ob und wenn ja wie diese mobilisiert werden könnte bzw. vom Wahlausgang abhängt.“